Das Briçonnet-Stundenbuch
Farbenprächtige Tafelmalerei in Buchform
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Briçonnet-Stundenbuch
Das Briçonnet-Stundenbuch: Die Handschrift
Ein Stundenbuch als Gemäldegalerie
Das Briçonnet-Stundenbuch ist um 1485 in Tours entstanden und insofern neu und einmalig, als hier die in der Ausstattung von Stundenbüchern übliche Hierarchisierung aufgegeben ist und auch untergeordnete Textanfänge mit großen Bildern angezeigt werden. Den Beginn des Marienoffiziums, der Johannes-Passion, der Bußpsalmen und des Totenoffiziums markieren sogar gleich zwei ganzseitige Miniaturen, die auf einer Doppelseite einander gegenübergestellt sind. Alle 25 Miniaturen sind ganz bewusst wie Tafelbilder angelegt und werden von einem Trompe-l’œil-Zierrahmen umgeben, der bis an die Seitenränder reicht. So ist die Illusion perfekt: Wer im Briçonnet-Stundenbuch blättert, schwelgt in einer Gemäldegalerie!
Ein großer Künstler
Das Briçonnet-Stundenbuch wurde von einem Meister geschaffen, den schon die Zeitgenossen mit Künstlern wie Jean Fouquet, Rogier van der Weyden, Hugo van der Goes, Leonardo da Vinci oder Michelangelo in einem Atemzug genannt haben: Jean Poyer. Um 1445 in Tours geboren, zählte er zu den besten Buch- und Tafelmalern des 15. Jahrhunderts. So arbeitete er für drei Könige von Frankreich und ihre Ehefrauen, nachweislich zwischen 1465 und 1503. Das Briçonnet-Stundenbuch ist dabei das erste Werk der Buchmalerei, das ihm zugeschrieben wird.
In seinem Schaffen wurde Jean Poyer erkennbar von der Architektur und Kunst der italienischen Frührenaissance beeinflusst, die er aus eigener Anschauung kannte.
Ein schillernder Auftraggeber
Dass beim Briçonnet-Stundenbuch sowohl der Künstler als auch der Auftraggeber historisch fassbar sind, ist bei Handschriften aus dem Spätmittelalter eher selten und daher ein wahrer Glücksfall der Kunstgeschichte. Einen Hinweis auf den Auftraggeber gibt die Initiale auf fol. 10v. Sie zeigt das Wappen der Adelsfamilie Briçonnet. In Frage kommt dabei der um 1445 in Tours geborene Guillaume Briçonnet, der spätere Bischof, Erzbischof und Kardinal. Unter König Ludwig XI. hatte er sich in der Finanzverwaltung hervorgetan und stieg unter dessen Sohn dann zum Schatzmeister Frankreichs und Mitglied des Staatsrates auf. Aus diesem Anlass dürfte er das extravagante Stundenbuch als Geschenk für seine Ehefrau bestellt haben.
Briçonnet-Stundenbuch
Unter der Lupe: Farbe, Proportion und Perspektive – Ein Malergenie am Werk
Briçonnet-Stundenbuch
Das Briçonnet-Stundenbuch: Die Edition
Handschrift und Faksimile im Überblick
Das Briçonnet-Stundenbuch ist mit keinem anderen Stundenbuch aus der Zeit vergleichbar – durch die besondere Art seiner Malerei und die intensiven, ja fast schon knalligen Farben. Im originalgetreuen Faksimile lässt sich die Aura dieser eindrucksvollen Handschrift auf authentische Weise nachspüren.
Handschrift: Haarlem, Teylers Museum, Ms. 78
Entstehungszeit: um 1485
Entstehungsort: Tours
Format: 21,0 x 14,5 cm
Umfang: 288 Seiten (144 Blatt)
Künstler: Jean Poyer
Auftraggeber: höchstwahrscheinlich Guillaume Briçonnet († 1514), Schatzmeister Frankreichs, Bischof und Kardinal
Ausstattung: 25 ganzseitige Miniaturen in kraftvoll leuchtenden Farben, verziert mit zarten Goldhöhungen und Silberpartien, zahlreiche vergoldete Zierinitialen mit Trompe-l’œil-Edelsteinen und -Perlen, farbig gestaltete Zeilenfüller auf feinem Pinselgoldgrund
Einband: dekorativer roter Ledereinband mit reicher Goldprägung auf Vorder- und Rückdeckel, Rücken und Kanten
Kommentarband von Mara Hofmann / Christine Seidel / Pierre-Gilles Girault
Kommentarband zur Edition von Mara Hofmann / Christine Seidel / Pierre-Gilles Girault / Roger S. Wieck → Inhalt
Limitierte Auflage: 680 Exemplare
Briçonnet-Stundenbuch
Ein paar Seiten zum Blättern:
Ein Blick in die faksimilierte Handschrift
Der zum Blättern ausgewählte Ausschnitt aus dem Briçonnet-Stundenbuch gibt die Seitenfolge fol. 9r–12v mit drei ganzseitigen Miniaturen wieder. Die Textseiten, in einer eleganten Lettre bâtarde geschrieben, beginnen jeweils mit einer zweizeiligen Zierinitalie auf Pinselgoldgrund mit floralem Dekor. Die Miniaturenseiten zeigen die Evangelisten Matthäus (fol. 10r) und Markus (fol. 11v) sowie die im Alten Testament berichtete Ermordung von Amasa, dem Heerführer König Sauls, durch Joab, den Heerführer König Davids (fol. 12v).
Briçonnet-Stundenbuch
Herausforderungen bei der Herstellung: fac simile
Unverwechselbar kräftige Farben
Das Briçonnet-Stundenbuch beeindruckt mit außergewöhnlichen Farben und Kontrasten: kräftige Blau-, Rot- und Grüntöne, sattes Violett. Die Farben, die Jean Poyer im 15. Jahrhundert anmischte, müssen im Faksimile mit den vier Druckfarben wiedergegeben werden. Aus den unterschiedlichen Zusammensetzungen dieser Druckfarben resultiert dann im Druck der jeweils gewünschte Farbton. Es ist die große Kunst und Erfahrung der Lithographen, genau abzuwägen und festzulegen, wie viel Prozent von welcher Farbe ein bestimmter Farbton ausweisen muss. Erst nach mehreren Andrucken, Vergleichen mit dem Original vor Ort und Korrekturen kann das Gut-zum-Druck erteilt werden.
Zart schimmernde Goldpartien
Im Briçonnet-Stundenbuch sind es neben den Farben vor allem die feinen Pinselgoldpartien, die die Faksimilierung besonders anspruchsvoll machen. In den Miniaturen werden durch die Goldhöhungen verschiedene Details betont, wie Heiligenscheine, Haarsträhnen, Gewandfalten, Stoffmuster, kleinere Dinge und Gerätschaften oder architektonische Elemente. Pinselgold findet sich auch auf den Textseiten: in den Zierinitialen, Versalien und Zeilenfüllern. Der Lithograph zeichnet auf den Digitalaufnahmen der Seiten jeden einzelnen Goldpunkt minutiös am Bildschirm nach, der dann vom Drucker passgenau gedruckt werden muss, um ein exzellentes Resultat zu erzielen.
Briçonnet-Stundenbuch
Die Faksimilemappe zur Edition
Eine 16-seitige Informationsbroschüre führt in die Entstehungszeit der Handschrift ein, gibt Auskunft über Buchmaler und Auftraggeber und erläutert die besonderen Herausforderungen ihrer originalgetreuen Faksimilierung.
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