Der Goldene Psalter von St. Gallen
Ein strahlendes Meisterwerk der Karolingerzeit
Faksimile-Edition
Das St. Galler „Psalterium aureum“: Die Handschrift
Karolingische Minuskel in Gold
Das St. Galler „Psalterium aureum“ präsentiert die Psalmen – abgesehen von den Psalmtituli – in karolingischer Minuskel, unverbundenen, gleichmäßig ausgebildeten Kleinbuchstaben. Die karolingische Minuskel entstand um 800 als gut lesbare Schrift, die unter der Herrschaft Karls des Großen in ganz Europa Verbreitung erfuhr. Heute weiß man, dass der Psalter anfangs mit Messingtinte geschrieben wurde, welche Gold imitieren konnte. Später wurde dieser Text komplett mit Gold von St. Galler Buchmalern nachgezogen. Zu einem Werk der St. Galler Buchkunst wurde der Psalter erst gegen 870/80, als die noch ungebundenen Blattlagen ins Kloster an der Steinach gelangten und man sich daran machte, die fehlenden Texte und Bilder zu ergänzen und das bereits Vorhandene an einigen Stellen zu überarbeiten.
Entstanden im Umfeld Ludwigs des Deutschen?
Ein Goldschatz der Stiftsbibliothek St. Gallen
Unter der Lupe: Die Reiter Davids in fränkischer Tracht
Der Protagonist der Miniaturen des Goldenen Psalters von St. Gallen ist David, König der Israeliten und Hauptautor der Psalmen. David ist Herrscher, seine Salbung und seine Verfolgung werden visualisiert. Bereits das erste Bild zeigt David gekrönt auf einem Thron sitzend, umgeben von Musikern und Tänzern.
Unter Joabs Führung – Davids Neffen – zog das Heer Israels auf Davids Befehl in den Krieg, bei dem die Truppen der Israeliten auch das syrische Soba einnahmen und brandschatzten (p. 139-141). In einem Psalter für ein Kloster wären andere Bilder zu erwarten: Bilder religiösen Inhalts, welche die Verbindung der Psalmen mit Christus betonen.
Das zweizonige Bild mit dem Zug der Reiter Davids gegen die Syrer beeindruckt auch mit erfahrbarem Zeitkolorit. Die Darstellung der fränkischen Tracht begeistert Historiker und versetzt in die Lebensweise des Frühmittelalters.
Der Goldene Psalter aus St. Gallen: Die Edition
Handschrift und Faksimile im Überblick
Handschrift: Stiftsbibliothek St. Gallen, Cod. Sang. 22
Entstehungszeit: 870-900
Entstehungsort: Frankenreich (Soissons?) und Kloster St. Gallen
Format: 37 x 28 cm
Umfang: 344 Seiten (172 Blatt)
Künstler: Westfränkische Buchmaler und Schreiber, Skriptorium St. Gallen
Auftraggeber: Vermutlich aus dem Umfeld Ludwigs des Deutschen, 843 bis 876 König des Ostfrankenreichs.
Ausstattung: Die in Gold geschriebene Schrift, die vielen goldenen Zierinitialen und die 17 ausdrucksstarken Miniaturen auf 344 Seiten werden in der Faksimile-Edition originalgetreu wiedergegeben.
Einband: Getreu dem Original ist das Faksimile in einen roten Ledereinband mit Holzdeckeln gebunden. Wegen starker Abriebschäden am Original werden die wertvollen Inhaltsseiten mit einem unbeschädigten Einband umhüllt. Messingknöpfe und eine Messingschließe verzieren den Einband wie im Original. Das Kapitalband ist von Hand umstochen.
Kommentarband zur Edition: Prof. Dr. David Ganz (Universität Zürich), Dr. Thomas Rainer (Universität Zürich) und das Autorenteam aus der Stiftsbibliothek St. Gallen – Dr. Ulrike Ganz, Dr. Ursula Kundert und Dr. Philipp Lenz – sind die Spezialisten für diese faszinierende Kunst der Karolingerzeit. In spannend zu lesenden Kapiteln führen die Autoren in die mehr als 1100 Jahre alte Bilderhandschrift ein. Faksimile und Kommentarband sind in einer handgefertigten Leinenkassette geschützt.
Druckauflage: 480 Exemplare
Die Faksimile-Edition erscheint im Mai 2024.
Faksimile-Edition
Einige Seiten zum Blättern:
Ein Blick in den Goldenen Psalter
Der zum Blättern gewählte Ausschnitt aus dem Goldenen Psalter von St. Gallen umfasst die Seitenfolge pp. 140-152. Aus dem Psalmenschatz sehen Sie ein schönes Zusammenspiel von Minuskelschrift, Initialen und Miniaturen.
p. 141: Illustration zu Ps 59/60. Erstürmung der Stadt Edom und Brandschatzung durch Reiter und Fußvolk, unten wohl Übergabe der Stadt an Joab und dessen Reiter.
p. 147: Illustration zu Ps 62. David in der (mit Gräsern und Bäumen bewachsenen) Wüste Edom. Die Personen tragen fränkische Tracht.
p. 150: Illustration zu Ps 64 und Prophetengestalten, Jeremias und Ezechiel, vor geschlossenem Tor in Form eines Rechteckrahmens mit eingeschriebenem Kreuz.
p. 151 Initiale, Buchstabenkörper in Gold, in quadratischem Purpurgrund.
Faksimile-Edition
Herausforderungen bei der Herstellung: fac simile
Messingtinte, Gold und Patina
Der Goldene Psalter wurde zunächst in Messingtinte ausgeführt, die frühen Eintragungen aber später von St. Galler Mönchen mit Gold übermalt. Dadurch bekam das Gold einen eigenen Charakter. Auch die Zeit von über 1100 Jahren hinterließ Spuren auf dem Gold. An manchen Stellen ist es sehr glänzend, an anderen wiederum eher matt. Manchmal ist es gelblicher, an manchen Stellen grünlicher. All diese Unterschiede muss der Goldlithograph herausarbeiten und mit der Patina, die über das Foliengold gedruckt wird, umsetzen.
Purpurne Pracht
Schrift und Federzeichnungen (in Purpur, Purpur-Braun oder heller Sepia, ausgemalt mit Minium, Grün, Purpur-Braun, Blau und Gold) ergänzen sich im St. Galler Psalter in perfekter Weise. Dem Thema Purpur, noch heute der teuerste Farbstoff, widmet sich im Kommentarband ein eigenes Kapitel. Auch die Mennigetöne sind eine Herausforderung. Kleinste Farbabweichungen bewirken einen anderen Farbeindruck. Die spezielle Bearbeitung des Papiers von Hand lässt es pergamentartig wellig und matt werden.
Die Kunst der Lithographen
Die Farben von Codex Sangallensis 22 sind Deckfarben aus Pigmenten und Füllstoffen. Feinste Korrekturen sind notwendig, um die Farbtöne originalgetreu wiedergeben zu können. Die Lithographen vergleichen die Seiten vor Ort in der Stiftsbibliothek St. Gallen mit dem Original und vermerken akribisch etwaige Korrekturen. Auf dem gleichen Papier, das später für die Auflage verwendet wird, wird auch der Bogen für die Faksimilemappe sorgfältig gedruckt.
Faksimile-Edition
Das Faksimiledossier zur Edition
Die handgefertigte Faksimilemappe in Leinen im Format 39 x 29 cm enthält einen Original-Faksimilebogen (p. 135-138) sowie ein 28-seitiges Begleitheft im lesefreundlichen Format, mit einem Beitrag des Kommentarbandautors Prof. Dr. David Ganz. Der Original-Faksimilebogen ist zum einfachen Herausnehmen lose in die Mappe eingelegt.
Goldener Psalter von St. Gallen