Sternbilder der Antike

Ein Meisterwerk der Buchmalerei um 1000

Die über 1000-jährigen Sternbilder der Antike entführen ihre Betrachter in die faszinierende Welt der großen Klöster im nachkarolingischen Westfrankenreich und des dort vermittelten Wissens über Astronomie und Astrologie.
Die heute in der Nationalbibliothek von Wales verwahrte und behütete Studienhandschrift lässt in Text und Bild ein gesteigertes Interesse der gelehrten Mönche und Kleriker am Kosmos erkennen, das jahrhundertealtes Sternenwissen mit eigener praktischer Himmelsbeobachtung kombinierte. Voller Lebendigkeit und Dynamik sind hier mit schwungvollem Federstrich die Sternbilder, Planetenbahnen und der Tierkreis dargestellt. Geheimnisvolle Himmelswesen, auf denen die Positionen der einzelnen Sterne rot markiert sind, veranschaulichen das nächtliche Treiben der Gestirne am Firmament.

Sternbilder der Antike

Sternbilder der Antike: Die Handschrift

Sternbilder der Antike, fol. 13v mit dem Sternbild des Herkules

Die Aratea des Germanicus

Die Sternbilder der Antike sind ein Kompendium zur Astronomie und enthalten als Haupttext die lateinische Übertragung der Phainomena des griechischen Dichters Aratos von Soloi in der Fassung des Claudius Germanicus († 19 n.Chr.). In seinen „Erscheinungen“ lokalisiert Aratos die Position der Fixsterne im Kosmos, beschreibt die Sternbilder, Himmelskreise und die Milchstraße und unterscheidet Fix- und Wandelsterne. Bis zum Ende des 12. Jahrhunderts war die Aratea die einzige Quelle für alle abendländischen Abhandlungen zu Sternbildern. Das hier in Abschnitten wiedergegebene Lehrgedicht wird durch spätantike Erläuterungen zu Sternsagen und Sternenkonstellationen ergänzt und mit einigen kurzen Texten angereichert.

Lebendige Sternbilder

Die Seiten in den Sternbildern der Antike sind einheitlich aufgebaut. Nach jeder Passage aus der Aratea des Germanicus und ihrer spätantiken Kommentierung folgt eine grün, orange-rot oder braun lavierte Federzeichnung des jeweiligen Sternbildes. Auffällig ist das häufige Auftreten von Rückenfiguren. Das lässt darauf schließen, dass man von Himmelsglobus-Darstellungen ausging. Erkennbar ist zudem das Bemühen des Buchmalers um eine erzählerische Gestaltung der Bilder, bei denen die Positionen der Sterne als Punktrosetten angegeben sind. So erhält zum Beispiel das Löwenfell, das sich der kämpfende Herkules zum Schutz um seinen Arm gebunden hat, eine Gesichtsmaske und wird auf diese Weise zum Partner des Helden.

Kloster-Hochschule

Das schon in der Karolingerzeit bedeutende Kloster Fleury war im 10. / 11. Jahrhundert eine der führenden Ausbildungsstätten Europas, das Mönche und Kleriker von überall her anzog. Im Besonderen war es um die Jahrtausendwende das wichtigste Zentrum für alle astronomischen Studien. Basis der Gelehrsamkeit war u.a. eine großartige Bibliothek, die in einem eigenen Gebäude untergebracht war. Eine Vielzahl von Handschriften lässt sich entweder direkt mit Fleury in Verbindung bringen oder scheint doch zumindest von dort beeinflusst. Überdies gab es einen intensiven Austausch mit anderen Klöstern in Frankreich und ganz Lateineuropa, weshalb als Enstehungsort der Sternbilder der Antike auch über Limoges spekuliert worden ist.

Abtei Fleury (Saint-Benoît-sur-Loire)

Sternbilder der Antike

Unter der Lupe: Kartographische Erfassung des Sternenhimmels

Die Sternbilder der Antike beginnen mit einer einzigartigen Folge von Himmelskarten, die dem Text der Aratea vorangehen. Sie stammen von der Hand eines anderen Zeichners als dem, der die Sternbilder geschaffen hat, und zeigen auch eine andere Ikonographie. Gleichzeitig offenbart sich hierbei ein ausgeprägtes Interesse an den kosmologischen Zusammenhängen. Erkennbar ist dies nicht zuletzt an dem Bemühen um eine möglichst exakte Astronomie. So beginnt die Kartenfolge mit den beiden Hemisphären, in denen die Sternbilder weitgehend gleichmäßig verteilt sind. Auf dem nächsten Blatt ist deshalb in Umrisslinien noch einmal eine astronomisch genauere Verteilung der Sternbilder skizziert worden. Dazwischen findet sich auf fol. 4v eine (erste) Darstellung der Planisphäre.
In das Rund des Tierkreises sind die Bahnen der Planeten eingefügt, wobei die Planeten selbst als Büsten in kleinen Medaillons erscheinen. Diese werden jedoch nicht weiter differenziert (nur „Luna“, der Mond, trägt einen Kopfschleier), so dass ihre Namen den beigefügten Inschriften entnommen werden müssen. Die Positionen der Wandelsterne fügen sich zu keiner astronomisch denkbaren Planetenstellung. Der Tierkreis ist freilich an den Kardinalpunkten ausgerichtet. So erscheint der Widder im Osten. Die Sternzeichen sind entgegen dem Uhrzeigersinn angeordnet. Bemerkenswert an diesem Planeten-Diagramm sind die sich hier im Innern überschneidenden Bahnen von Sonne, Venus und Merkur. Auf diese Weise erhält man eine sich beständig ändernde Reihenfolge der betreffenden Wandelsterne.

Sternbilder der Antike

Sternbilder der Antike: Die Edition

Handschrift und Faksimile im Überblick

Die Sternbilder der Antike bieten eine wunderbar illustrierte Zusammenfassung des abendländischen Wissens über Astronomie und Astrologie im früheren Mittelalter. Ihr originalgetreues Faksimile lässt den Betrachter die besondere Aura dieser 1000-jährigen Studienhandschrift nachspüren.

Handschrift: Aberystwyth, National Library of Wales, Ms. 735C
Entstehungszeit: um 1000
Entstehungsort: Fleury (oder Limoges ?)
Format: ca. 23,5 x 16,5 cm
Umfang: 52 Seiten (26 Blatt)
Künstler: unbekannt, mindestens zwei Buchmaler-Mönche
Auftraggeber: unbekannt
Ausstattung: 23 zart kolorierte Federzeichnungen zu den einzelnen Sternbildern und 7 Himmelskarten (Hemi- und Planisphären, Planetenbahnen, Tierkreis)
Einband: dekorativer brauner Ledereinband mit reicher Blindprägung
Kommentarband zur Edition von Kristen Lippincott / Pedr ap Llwyd, Vorwort von Ben Moore → Inhalt
Limitierte Auflage: 680 Exemplare

Die Faksimile-Edition steht unter dem Patronat von Dr. Ben Moore, Direktor des Zentrums für Theoretische Astrophysik und Kosmologie und Professor für Astrophysik an der Universität Zürich.

Sternbilder der Antike

Einige Seiten zum Blättern:

Ein Blick in die faksimilierte Handschrift

Der hier wiedergegebene Abschnitt aus den Sternbildern der Antike zeigt fol. 10v–14r. Die Seitenfolge beginnt mit einer Zeichnung der Planisphäre, die die Verteilung der Sternbilder in einer Darstellung zusammenfasst. Auf fol. 11v findet sich eine Abbildung von Autor und Muse, dem zwischen zwei korinthischen Säulen auf einem Faltstuhl sitzenden Aratos von Soloi und der ihm gegenüber stehenden Urania mit einem Himmelsglobus zwischen ihnen. Daran schließen sich die Darstellungen der Sternbilder von Jupiter auf dem Adler (fol. 12r), der Schlange zwischen den Bären (fol. 13r), Herkules (fol. 13v) und der Nördlichen Krone (fol. 14r) an.

Sternbilder der Antike

Herausforderungen bei der Herstellung: fac simile

Sternbilder der Antike, Begutachtung des Originals vor Ort in Aberystwyth

Begutachtung vor Ort

Viele Arbeitsschritte sind notwendig, bis aus der über 1000-jährigen Vorlage ein originalgetreues Abbild der Sternbilder der Antike entsteht.
Bevor die endgültige Entscheidung über die Faksimilierung einer Handschrift getroffen werden kann, muss deren Machbarkeit geprüft und das Original am Ort seiner Aufbewahrung dementsprechend begutachtet werden. Auch im späteren Herstellungsprozess sind, angefangen bei der Photoaufnahme der Seiten bis hin zu den Andruckvergleichen, wiederholt Arbeitsschritte erforderlich, die jeweils nur unmittelbar in der besitzenden Bibliothek an der mittelalterlichen Vorlage ausgeführt werden können.

Bissspuren und Löcher

Ein Faksimile aus dem Quaternio Verlag Luzern ist eine bis ins kleinste Details originalgetreue Reproduktion einer mittelalterlichen Handschrift. Dieser Qualitätsanspruch gilt selbstverständlich auch für die Sternbilder der Antike, die sich über mehr als zehn Jahrhunderte hinweg erstaunlich gut erhalten haben. Nur ein paar Bissspuren sind in ihrer langen Geschichte hinzugekommen. Zwar ist nicht bekannt, welches Tierchen hier seinen Heißhunger auf astronomische Bildung gestillt hat, doch werden dessen Knabberspuren auch im Faksimile wiedergegeben. Ebenso wird jedes Loch im Pergament, um das der Schreiber vor 1000 Jahren herumzuschreiben gezwungen war, mittels Laserstanzung reproduziert.

Sternbilder der Antike, Bissspuren am Rand von fol. 11v
Sternbilder der Antike, Loch im Pergament auf fol. 13v

Sternbilder der Antike

Prospektanforderung

Gern senden wir Ihnen kostenlos und unverbindlich weitere Informationen zu dieser hochspannenden Faksimile-Edition zu.

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