Ein Astro-medizinischer Kalender
Gesundheitstipps und Ernährungsratschläge aus dem 15. Jahrhundert
Handschrift | Lupe | Edition | Blättern | Herstellung | Prospektanforderung
Ein Astro-medizinischer Kalender
Astro-medizinischer Kalender: Die Handschrift
Fragen? Der Kalender weiß Antwort
Wie stehen die Sterne in diesem Monat? Was bedeuten Wetterphänomene? Was muss im Hinblick auf Gesundheit und Ernährung beachtet werden? Auf solche Fragen des mittelalterlichen Menschen weiß der Kalender Antworten. So soll beispielsweise im Mai jeden Morgen Ziegenmilch getrunken werden, und es werden aromatische Kräuter empfohlen. Im Oktober ist für dreizehn Tage prognostiziert, welche Ereignisse nach dem Donner eintreten. Monat für Monat stehen sich Kalenderblatt und die jeweiligen Ratschläge zur Gesundheit, Wetterprognosen und Erklärungen zu den Sternzeichen gegenüber. Mit seinen Erläuterungen in der Volkssprache bietet der Astro-medizinische Kalender komplexes Gelehrtenwissen für den Alltagsgebrauch.
Der mittelalterliche Kosmos
Gesundheit und Charakter der Menschen werden nach mittelalterlicher Vorstellung von kosmischen Kräften bestimmt. Gemäß antiker Tradition besteht alles aus den vier Elementen Erde, Feuer, Wasser und Luft. Diesen sind vier Primärqualitäten zugeordnet (trocken, feucht, heiß und kalt), die wiederum mit den vier Körpersäften und den vier Temperamenten (Sanguiniker, Phlegmatiker, Choleriker und Melancholiker) verbunden sind. Je nach Mondstand, Jahreszeit, Tierkreiszeichen, Monat, Tag oder Stunde galten andere Einflüsse auf die Säftemischung des mittelalterlichen Menschen, die es auszugleichen galt – sich über den Kosmos zu informieren, war daher absolut essentiell, um Krankheiten zu behandeln oder vorzubeugen.
Hausbuch eines elsässischen Patriziers?
Details der Buchbindung sowie fehlende Wurmlöcher auf der Rückseite des letzten Monatsblatts verraten, dass dieser Kalender Teil eines viel umfangreicheren Buches gewesen ist. Die großzügige Ausstattung mit Gold und kostbaren Deckfarben deutet auf einen Codex mit repräsentativem Anspruch hin. Während einige Heiligenfeste des Kalenders in die Diözese Straßburg weisen, ist der Stil der Malerei oberrheinisch (Freiburg/Colmar) geprägt. Die Bilder der Monatsmedaillons, Tierkreiszeichen und der Gelehrtendarstellungen werden verbunden mit dem »Meister B«, der als freier Illustrator auch für die berühmte Werkstatt Diebold Laubers im nördlichen Elsass tätig war.
Astro-Medizinischer Kalender
Unter der Lupe: Kalendermonat Februar
Faksimile-Edition
Ein Astro-medizinischer Kalender: Die Edition
Handschrift und Faksimile im Überblick
Der Astro-medizinische Kalender ist mit Gold und Deckfarben ungewöhnlich kostbar ausgestattet, die Malerei von hoher künstlerischer Qualität. Dem heutigen Betrachter bietet er interessante Einblicke in die Vorstellungswelt der mittelalterlichen Gesellschaft.
Handschrift: Strasbourg, Bibliothèque nationale et universitaire, Ms. 7141
Entstehungszeit: um 1460
Entstehungsort: Oberrhein (Freiburg, Colmar)
Format: 20,6 x 15,5 cm
Umfang: 24 Seiten (12 Blatt)
Künstler: Meister B aus dem Umfeld der Lauber-Werkstatt (?)
Auftraggeber: unbekannt
Ausstattung: 12 golden umrahmte Monatsmedaillons, 12 Tierkreiszeichen und elf Gelehrtenbilder mit 22 goldenen Zierbögen. Reiche Bildausstattung mit Gold und leuchtender Deckfarbenmalerei
Einband: Pergamenteinband mit feiner Goldprägung
Kommentarband zur Edition von Christoph Mackert / Lieselotte Saurma-Jeltsch / Ortrun Riha. Alle Texte sind transkribiert und ins Neuhochdeutsche übertragen → Inhalt
Limitierte Auflage: 680 Exemplare
Faksimile-Edition
Einige Seiten zum Blättern:
Ein Blick in die faksimilierte Handschrift
Der hier wiedergegebene Ausschnitt aus dem Astro-medizinischen Kalender zeigt die Monate Januar bis März, sowie die erste Bildseite des Kalenders mit den Jahresvoraussagen. Den Auftakt bildet eine Seite mit Jahresprognosen, die vom Wochentag abhängen, auf den der erste Tag des Jahres fällt. Die folgende Doppelseiten der Monate Januar, Februar und März zeigen immer auf einer Seite den Kalender und auf der gegenüberliegenden die Gesundheitsregeln, verbunden mit Vorhersagen aufgrund von meteorologisch-kosmischen Erscheinungen. Goldene gotische Kielbögen schmücken die Textspalten, eine Gelehrtenfigur verleiht dem Inhalt mehr Gewicht.
Faksimile-Edition
Herausforderungen bei der Herstellung: fac simile
Ein Zeitzeugnis wird faksimiliert
Der Astro-medizinische Kalender wurde 2015 von der National- und Universitätsbibliothek Straßburg für £ 55’000 ersteigert. Mit größter Sorgfalt wurde das Original in den Räumen der Bibliothek digitalisiert, um die leuchtenden Deckfarben und die kostbare Ausstattung mit Gold im Faksimile originalgetreu wiederzugeben. Der Pergament-Einband stellt den Buchbinder vor besondere Herausforderungen. Der schwer zu verarbeitende Werkstoff erfordert eine besondere Bindetechnik, die nur noch wenige Buchbinder beherrschen.
Sorgfältige Transkription
Der Textbestand des Astro-medizinischen Kalenders ist kein homogenes Ganzes, sondern besteht aus verschiedenen Elementen mit je eigener Text- und Überlieferungsgeschichte. Dank intensiver Studien ist es dem Autor des Kommentarbandes gelungen, die vorhandenen Textvorlagen erstmals zu identifizieren. Mehrere Nachträge wurden durch die Jahrhunderte dem bereits vorhandenen Text zugefügt. Mit der sorgfältigen Transkription ist der Text bereits gut verständlich und bietet einen direkten Einblick in die dialektale Färbung der Schreibsprache.
Der Schlüssel zum Werk
Im letzten Schritt folgt die Übertragung der lateinischen und volkssprachlichen Passagen in heutiges Deutsch. Im Kommentarband zur Faksimile-Edition des Astro-medizinischen Kalenders erlaubt die zeilengleiche Transkription das problemlose Mitlesen und die Übersetzung erleichtert das Verständnis – damit halten Sie den Schlüssel zum Werk in der Hand! Außerdem bietet der Kommentarband eine anschauliche Einführung anhand der unterschiedlichen Textvorlagen in die äusserst spannende Welt mittelalterlicher Astro-Medizin und Prognostik.
Astro-medizinischer Kalender